Samstag, September 10

Erbarmen!

Da haben wir in Wikiweise einen feinen aber kleinen, dafür aber präzisen Artikel zum Erbärmdebild. Der wurde jüngst in die Wikipedia, Sammlung des Weltwissens, Quell aller Schulaufsätze, Frontkämpferin der Freien Inhalte, rüberkopiert. Und prompt zur Löschung vorgeschlagen, weil man dort Artikel mit 15 Worten nur dann duldet, wenn es sich um die Würdigung eines einsamen Eifelweilers mit 7 Einwohnern handelt, dem eine zwanzigzeile Navigationsleiste angehängt wurde. Nun ja, der Artikel hat zum Glück überlebt, weil er um die üblichen bunten Bilder und ein bisschen was zum Thema "Schmerzensmann" zusammengegoogeltes ergänzt wurde. Das ist ja auch noch ok - die zwei Artikel sind prinzipiell zusammenfassbar.

Aber der Titel "Ecce homo" wird für solche Erbärmdebilder in der Regel eben nicht verwendet, wie die Wikipedia uns nun glauben machen will (sondern bestenfalls wird das Ecce-Homo-Motiv falsch als "Schmerzensmann" bezeichnet). Aber was soll's - solche Fehlerchen ist man aus der Wikipedia ja mittlerweile so gewohnt, dass man die schon fast automatisch überliest.

Was nun aber so ganz und gar falsch ist, dass es weh tut, ist die Behauptung, dass sich Erbärmdebilder häufig auch unter dem italienischen Fachbegriff pietà fänden. Das tun sie nämlich nur in der Wikipedia. Überall sonst auf der Welt ist nämlich klar, dass zu einer Pieta im engeren Sinne eine Maria dazu gehört, und ein toter Christus in ihren Armen - und dass ein solches Motiv mit dem Erbärmdechristus nun wirklich und überhaupt ganz und gar und niemals nichts irgendwas zu tun hat. Ok - Erbärmdebild als imago pietatis, Pieta als als Begriff für Darstellungen des toten Christus im Allgemeinen auch ohne Maria, mag ja alles denkbar sein. Aber das, was in der Wikipedia jetzt steht, ist einfach falsch.

"Dieser Artikel ist sehr kurz und möglicherweise unvollständig. Hilf Wikipedia, in dem Du ihn erweiterst." Erbarmen, wie gesagt. Das hat unser Artikelchen nicht verdient.

Montag, September 5

Erfundener Verbesserungsprozess

Weil ja immer wieder nach Beispielen für meine Behauptung gefragt wird, dass Wikipedia-Artikel nicht besser, sondern schlechter werden: Hier mal wieder eines meiner Lieblingsschätzchen: Der Artikel vom sogenannten Erfundenenen Mittelalter, einer pseudowissenschaftlichen Hypothese, bei der man nicht weiß, ob man bei so viel Dummheit im Sinne Jacobo Belbos lachen oder weinen soll, hatte die Wikipedia vor etwa einem Jahr nach vielen Mühen einen wenn auch nicht guten, so doch ganz passablen Artikel, der einem die wichtigsten diesbezüglichen Schnapsideen und die Entwicklung der These beim Wiederkäuen durch drei Schnapsideeproduzenten mal wenigstens vorstellte. Heute ist davon so gut wie nichts mehr übrig, stattdessen wird eine unzusammenhängende Liste von Schnapsideen geliefert, ein paar Einwände der Wissenschaft stehen verloren im Raum und oben drüber ist ein großer Vermerk, dass der Artikel doch recht unverständlich sei. Unverständlich ist allerdings in erster Linie, warum irgendwer noch glaubt, dass die Wikipedia ein gelungenes Experiment sei und der Bildung diene.

Samstag, September 3

Preisverleihung die dritte

Die Wikipedia hat mal wieder einen Preis abgesahnt. Einen Lifestyle-Award. Uahh. Enzyklopädie als Lifestyle. Ach nee, es ging ja um die Kategorie "Internet Community". Natürlich. Auch die goldene Nica und der Grimme-Preis waren schließlich Preise in dieser Kategorie. Den Inhalt der Wikipedia findet zu Recht nämlich niemand prämierenswert. Aber es ist trotzdem noch erstaunlich, wie viel Preise eine Online-Community einheimsen kann, die sich in der Realität als zerstritte, zerissen und extrem unproduktiv herausstellt, wenn die Granden sie nur genug feiern und sich die Medienmeinung erst mal darauf eingeschossen hat, dass diese Community das größte Ding sei seit Erfindung der Eiscreme mit Schlagsahne.